Schwäbische Zeitung: An der Realität vorbei

Leutkirch (ots) – Gut gemeint und gut gemacht sind zwei Paar Stiefel. Auf Schröders Familienpflegezeit trifft leider Ersteres zu. Die Familienministerin hat zwar offenbar erkannt, dass die Pflege eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre sein wird. Aber die Schlüsse, die sie daraus gezogen hat, sind halbherzig. Größter Knackpunkt der neuen Pflegeauszeit ist der fehlende Rechtsanspruch. Wer bittet schon gerne seinen Arbeitgeber um eine Leistung, die dieser nach Gutdünken gewähren kann. Das erfordert Nerven, Mut und, abgesehen davon, auch ein finanzielles Polster, über das nicht alle verfügen. Ebenso realitätsfern war es, die Regelung auf zwei Jahre zu beschränken. Und was passiert anschließend? Die durchschnittliche Pflegedauer in Deutschland beträgt acht Jahre – soll Mutti die restliche Zeit dann doch ins Heim?

Das Unbefriedigende an Schröders Politik ist, dass sie vorgibt, simple Lösungen zu haben für Probleme, die viele zum Verzweifeln bringen. Familie und Beruf lassen sich nicht so leicht unter einen Hut bringen, wie es einige Politiker glauben machen wollen. Das trifft sowohl Eltern von Kleinkindern als auch pflegende Angehörige. Zuckerbrötchen bringen Menschen in fordernden Lebenssituationen wenig, wie die geringe Nachfrage nach der Familienpflegezeit belegt.

Solange die Politik so mutlos agiert, ruht die Hoffnung tatsächlich auf den Arbeitgebern. Wer seine Mitarbeiter schätzt, ist vielleicht offen für flexible Lösungen in schwierigen Lebensphasen.

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