DER STANDARD-KOMMENTAR "Nationale Banken an die Kandare" von Thomas Mayer

Die Schaffung einer strengen Aufsicht ist zum Schutz des Euro zwingend nötig – Ausgabe vom 14.12.2012

Wien (ots) – Für Österreich kommt der Beschluss zur Einführung einer grenzüberschreitenden Bankenaufsicht in der Eurozone genau zur richtigen Zeit. Denn in einem Land, dessen Regierung eine durch und durch korrumpierte Ex-Landesbank wie die Hypo Alpe Adria Bank in Kärnten nur durch Milliardenspritzen vor der Pleite bewahren konnte, lässt sich der Sinn dieses Unterfangens gut nachvollziehen. Der Skandal und die Urteilsausfertigung im Prozess Birnbacher, die aberwitzige politische Einflussnahmen in “Geschäfte” der Bank zutage förderten, sind ja noch druckfrisch. Vor allem aber wird das Land in diesen Tagen vom Millionen-Kasino in der Salzburger Landesregierung erschüttert. Wie das gelaufen ist, weiß noch niemand ganz genau. Aber ähnlich wie im Fall der Kärntner Hypo lässt jetzt schon zweierlei sagen: Hier wurden von Banken und Dilettanten in der (politischen) Verwaltung höchst windige Geschäfte gemacht. Aber niemandem, keiner (unabhängigen) Finanzaufsicht (FMA), keinem Rechnungshof, keiner Oesterreichischen Nationalbank will je irgendetwas Unverantwortliches aufgefallen sein. So wie die Öffentlichkeit ebenso erstaunt zur Kenntnis nehmen dürfte, dass die Stadt Wien nicht weniger als ein Drittel ihrer Schulden in Schweizer Franken-Krediten – zwei Milliarden insgesamt – stecken hat, mit Buchverlust von derzeit 300 Millionen Euro. Die FMA hat die Banken zwar angewiesen, die weitverbreiteten Frankenkredite abzubauen, weil der Franken so stark wurde. Zehntausende Private werden diesbezüglich gequält. Aber Wiens Stadtregierung und die FMA kümmert das offenbar nicht. Sie behält das Obligo und das Risiko. Billige Schuldzuweisung wäre unangebracht: Aber diese Fälle zeigen doch gewisse Schwächen eines kleinen Finanzplatzes wie Österreich auf. Mit den Regeln nimmt man es im Zweifel nicht so genau. Dass einige Großbanken in Osteuropa ziemlich riskant aufgestellt waren (oder sind?), sorgte zwar kurz für Erschrecken. Aber folgte dem eine systematische Korrektur durch die Regierung? Nein. Von den Banken, die jedem erdenklichen Geschäft und Gewinn nachlaufen, solange man sie daran nicht hindert, ist diesbezüglich wenig zu erwarten. Wie auch. Bei ihnen regierte in einem Jahrzehnt der Totalliberalisierung im freien Binnenmarkt in Europa nur die nackte Gier. So kamen die Banken in Irland und in Spanien ins Wanken, durch abenteuerliche Immobiliengeschäfte. In der Folge kippten ganze Regierungen, wurden Staatsschulden ins Extreme gesprengt, konnte nur eine gewaltige gemeinsame Kredithilfe der Europartner (noch) Schlimmeres verhindern. Genau das war der Boden, warum die Regierungschefs vor einem halben Jahr den Auftrag gaben, eine bei der Euro-Zentralbank angesiedelte strenge Kontrolle anzusiedeln. Den nationalen Versagensexzessen musste ein Riegel vorgeschoben werden. Nur so werden frei sich in der Union bewegende Banken wieder einfangen lassen. Bis dahin ist ein weiter Weg, müssen erst noch viele juristische, technische und organisatorische Hürden aus dem Weg geräumt werden. Aber die Richtung stimmt. Eine Eurozone, die sich und ihr Geld ernst nimmt, muss alles tun, um die Währung und die Wirtschaft ganz praktisch zu schützen. Die transnationale Aufsicht und Regelung der Banken ist dabei ein unumgänglicher Schritt. Aber eben auch nur einer von vielen.

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