Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Berlusconi drängt zurück an die Macht Entzaubern JOHANN VOLLMER

Bielefeld (ots) – Eines muss man Silvio Berlusconi lassen: Es ist mutig, dass sich der alternde italienische Politkomödiant erneut in die Manege begibt, jenseits aller Aussichten auf Applaus. Nur noch jeder sechste Italiener kann sich derzeit vorstellen, für die Neuauflage der großen Berlusconi-Show das Ticket zu lösen – der Rest wendet sich zum Teil belustigt, zum Teil mit Schrecken ab. Der Drahtseilakt zwischen Lächerlichkeit und Faszination, zwischen Knast und Kabinett scheint dem Medienmogul nichts auszumachen. Mit den alten Taschenspielertricks der PR-Berater und seiner eigenen Medienphalanx im Rücken bestimmt er längst wieder die großen Schlagzeilen. Erst redet der große Zampano vom Comeback, dann verlobt sich der geläuterte Schwerenöter mit einer knapp 50 Jahre jüngeren, aber immerhin volljährigen Italoschönheit und verspricht im Vorbeigehen den Italienern die Rückkehr zu alter Größe – wenn man ihn nur lässt. Dass seine neueste Ankündigung, Italien vom Euro befreien zu wollen, ein europaweites Echo in der Politik auslöst, ist bezeichnend. Wohl kaum einem anderen Politrentner würde solche Aufmerksamkeit zuteil. Zu Recht: Berlusconi tritt die europäische Idee je nach Bedarf mit Füßen. Nicht ausgeschlossen, dass sein Blendwerk in Krisenzeiten erneut Anhänger findet. Seine Entzauberung ist überfällig.

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