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DER STANDARD-Kommentar "Durchsichtige Ablenkmanöver" von Alexandra Föderl-Schmid

“Eurofighter-Deal: Es geht um politische Verantwortung, nicht um Gegengeschäfte”

wien (ots) – Angriff ist die beste Verteidigung. Nach dieser Devise geht die ÖVP derzeit in Sachen Eurofighter vor. Dass ausgerechnet Politiker dieser Partei, die mit Wolfgang Schüssel zur Zeit der Abwicklung des Deals vor fast zehn Jahren den Bundeskanzler in einer schwarz-blauen Regierung stellte, nun laut nach Aufklärung rufen, grenzt schon fast an Hohn. Parteichef Michael Spindelegger erklärte jüngst sogar, eine Rückabwicklung des ganzen Deals müsse “erwogen” werden. Wobei Spindelegger einschränkte, es müsse zunächst einmal geprüft werden, ob es bei Gegengeschäften tatsächlich zu Malversationen gekommen sei. Der ÖVP stellt die Gegengeschäfte in den Mittelpunkt. Aus durchsichtigen Motiven wird versucht, das Interesse auf Magna-Gründer Frank Stronach zu lenken – und damit abzulenken von Vertretern der damals entscheidenden Parteien. Dass just der damals zu_ständige Wirtschaftsminister Martin Barten_stein (ÖVP), der in den vergangenen Monaten politisch völlig abgetaucht war, den Angriff auf Stronach eröffnete, zeigt die persönlichen Interessen in diesem Abwehrkampf. Stronach wäre auch nicht weiter interessant, würde er nicht vor kurzem eine Partei gegründet haben, die sich für die sogenannten Volksparteien beim Wahlvolk als ernst zu nehmende Konkurrenz entwickelt hat. Auch wenn die medialen Auftritte Stronachs insbesondere für professionelle Politikbeobachter wirr wirken und seine Vorgaben in Bezug auf die Medienberichterstattung eine nicht akzeptable Einschränkung der Pressefreiheit darstellen: Wie seine jüngsten Auftritte in Kärnten und der Steiermark gezeigt haben, darf seine Anziehungskraft nicht unterschätzt werden. Es waren auffallend viele ältere Per_sonen anwesend. Pensionisten sind eine Kernwählergruppe der SPÖ, die noch nicht erfasst zu haben scheint, dass Stronach in ihrem Bereich _Sogkraft entwickelt wie weiland Jörg Haider. Stronach bietet Angriffsflächen, da seine Angaben jener der jetzigen Magna-Führung widersprechen. Wahrscheinlich ist es eine Frage der Zurechnung: Laut Stronach handelt es sich um Aufträge von Firmen, die schon vor der Eurofighter-Entscheidung Geschäftspartner von Magna waren. Die Politik hat aber zur besseren öffentlichen Darstellung möglichst viele Aufträge als Gegengeschäfte darstellen wollen. Einer, der zur Aufklärung beitragen könnte, aber wie in seiner Amtszeit eisern schweigt, ist Wolfgang Schüssel. Laut Magazin News feierte er – angeblich ausgerechnet mit Champagner – in Paris mit einigen Getreuen den zehnten Jahrestag seines größten Wahltriumphs. Im November 2002 entschloss sich Schüssel, die Spaltung der FPÖ zu überfallsartigen Neuwahlen zu nutzen. Kurz davor hat er die Entscheidung für den Eurofighter durchgedrückt. Auffallend still ist in diesen Tagen auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die Frage, wer wusste was, ist nicht nur ÖVP-Politikern zu stellen. Antworten könnte ein erneuter par_lamentarischer Untersuchungsausschuss bringen, denn inzwischen gibt es neue Erkenntnisse auch in Italien und Deutschland. Dann bestünde auch die Möglichkeit, zu klären, warum die SPÖ 2007 keinen Ausstieg wählte, sondern lediglich einer Reduktion der Eurofighter-Stückzahl von 18 auf 15 zustimmte. Es geht um politische Verantwortung, die eindeutig geklärt werden muss – gerade in einem Wahljahr.

Rückfragehinweis:
   Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445 

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Ressort Politik:  

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