München (ots) – Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im ersten Quartal 2012 insgesamt zehn Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) festgestellt. Fünf davon kommen aus dem Rundfunk-, fünf aus dem Telemedienbereich. Bei der Aufsicht über den Rundfunk arbeitet die KJM Hand in Hand mit den Landesmedienanstalten: Sie beobachten, prüfen und bewerten potenziell problematische Rundfunkangebote und leiten – bei Feststellen eines Anfangsverdachts auf einen Verstoß gegen den JMStV – der KJM die entsprechenden Prüffälle zur Entscheidung zu. Im Internetbereich unterstützen jugendschutz.net und die Landesmedienanstalten die KJM bei ihren Aufgaben: So treten jugendschutz.net oder auch die Landesmedienanstalten bei der Annahme von Verstößen vorab an die Anbieter heran und fordern, entsprechende Inhalte freiwillig herauszunehmen. Auf diese Weise können viele Internet-Fälle ohne aufwändiges Verfahren geklärt werden. Erst bei Nichtabhilfe oder in besonders schweren Fällen schreitet die KJM ein. Sowohl im Rundfunk- als auch im Telemedienbereich kann die KJM nur gegen Anbieter mit Sitz in Deutschland vorgehen. Indizierungen fallen in das Aufgabengebiet der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Die KJM ist in dem Zusammenhang einerseits für die Abgabe von Stellungnahmen zu Indizierungsanträgen im Bereich der Telemedien zuständig und kann andererseits selbst Indizierungsanträge stellen.
Rundfunk
Eine unzulässige Ausstrahlung stellte die KJM in folgendem Fall fest: RTL strahlte nach 23 Uhr den amerikanischen Vampirfilm “Blade” aus – in einer Version, die ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich zur indizierten Originalfassung des Films aus dem Jahr 1998 war. Der Spielfilm, in dem der Protagonist Blade seine von Vampiren getötete Mutter rächen will, war mehrmals von der BPjM geprüft und aufgrund verrohender Szenen wiederholt – zuletzt im Juli 2010 – als jugendgefährdend eingestuft worden. Indizierte Filme dürfen im Fernsehen grundsätzlich nicht gezeigt werden.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 18-Jährige (Sendezeitgrenze 23 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Bei dem Erotikthriller “Heiße Täuschung”, der ab 22.15 Uhr auf Tele 5 lief. Der Film enthält zahlreiche, lang ausgespielte Sexszenen und stellt es als alltäglich dar, mit wechselnden flüchtigen Bekanntschaften unvermittelt Geschlechtsverkehr zu haben. Frauen werden in dem Film als sexuell verfügbar und als stets erotisch aufgeschlossen gezeigt. Dadurch können Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren problematische Werte in Bezug auf Liebe, Sexualität und Partnerschaft vermittelt werden, da sie nicht ihrem Entwicklungsstand gemäß dargestellt sind.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige (Sendezeitgrenze 22 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Trotz einer FSK-Freigabe erst ab 16 Jahren platzierte ANIXE SD einen Trailer zum dem Actionfilm “Wer ist Hanna?” dreimal vor 22 Uhr. Die einzelnen bedrohlichen Szenen, primär Tötungs-, Kampf- und Verfolgungsszenen, hatten durch die hohe Schnittfrequenz und die Kürze weitgehend keinen Kontext und boten weder Entspannungsmomente noch Einordnungshilfen.
Auch ein weiterer Trailer stellte einen Verstoß dar: Der Sender Nickelodeon zeigte zwischen 20 und 22 Uhr mehrfach einen Trailer, der für Sendungen der Reihe “New Kids” warb, von denen die meisten aus Jugendschutzgründen nicht vor 22 Uhr gesendet werden dürfen. Auch wenn die inhaltliche Gestaltung des Trailers in dem Fall nicht geeignet war, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren zu beeinträchtigen, stellte seine Ausstrahlung doch einen Verstoß gegen die Jugendschutz-Bestimmungen dar: Trailer mit Bewegtbildern für Sendungen, die aus Jugendschutzgründen erst ab 22 oder 23 Uhr ausgestrahlt werden dürfen, unterliegen derselben Sendezeitbeschränkung wie die angekündigte Sendung selbst.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige (Sendezeitgrenze 20 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Bei der Sendung “X-Faktor: Das Unfassbare”, die auf RTL 2 im Tagesprogramm lief. Sie erzählte zehn Mystery-Geschichten rund um die Themen Tod, Mord und unheimliche Erscheinungen. Dabei spielte sie bewusst mit der Vermischung von Wahrheit und Phantasie: Einige der dargestellten Fälle waren Fiktion, andere gab es tatsächlich – was erst am Ende aufgelöst wurde. Auf Heranwachsende belastend wirken kann vor allem die Auflösung vieler der Geschichten als wahr. Die Inszenierung verstärkte durch unruhige Kameraführung und entsprechende Musik die ängstigende Wirkung. Die Sendung war deshalb geeignet, Kinder unter 12 Jahren in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen.
Telemedien
Die Jugendschutzrelevanz von Internet-Inhalten ist in der Regel ungleich höher als die von Fernseh-Sendungen. Weil Angebote im Netz außerdem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern meist über einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die Verstöße in Telemedien anonymisiert: Drei Verstöße beziehen sich auf Angebote, die einfache Pornografie beinhalten. In Telemedien darf einfache Pornografie nur ausnahmsweise innerhalb geschlossener Benutzergruppen zugänglich gemacht werden. Ist das nicht der Fall, liegt ein Verstoß gegen den JMStV vor.
Zwei Angebote sind nach dem JMStV absolut unzulässig. Sie kommen aus dem rechtsextremen Bereich und zeigen verfassungswidrige Kennzeichen.
In neun Fällen wurde das Verfahren eingestellt, da die jugendschutzrelevanten Inhalte nach der Anhörung des Anbieters entfernt worden und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Einstellung (kein absolut unzulässiges Angebot, kein Wiederholungstäter) gegeben waren. Die KJM beschloss – je nach Art und Schwere der Verstöße – Beanstandungen, Untersagungen und/oder Bußgelder. Die entsprechenden Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren führen die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten durch. Strafrechtlich relevante Inhalte gibt die KJM an die zuständigen Staatsanwaltschaften ab.
In 51 Fällen beantragte die KJM im ersten Quartal 2012 die Indizierung eines Telemedienangebots bei der BPjM. Die Anträge bezogen sich zum Großteil auf Internetangebote mit pornografischen Darstellungen. In weiteren 24 Fällen gab die KJM eine Stellungnahme zu Indizierungsanträgen anderer antragsberechtigter Stellen bei der BPjM ab, die von der BPjM bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu berücksichtigen sind.
Damit befasste sich die KJM seit ihrer Gründung im April 2003 mit rund 4.670 Fällen – mit fast 900 im Rundfunk und 3770 in den Telemedien.
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