Lausitzer Rundschau: Verantwortungslosigkeit – ein Politik

Cottbus (ots) – Es wäre so schön einfach, das abgelaufene Jahr mit einem einzigen Schlagwort charakterisieren zu können. Brandenburger und Berliner benötigen eigentlich nicht einmal ein Wort, da genügt schon eine Andeutung, so wie “Fluuu” – und gleich wissen alle Bescheid. Ach ja, der Flughafen. Die teure Blamage. Zumindest in der subjektiven Wahrnehmung überschattet die peinliche Verschiebung der Eröffnung so ziemlich alles, was sonst noch passiert ist in der kleinen und der großen Welt. Zum Glück ist niemand verantwortlich – jedenfalls findet sich niemand, der es einräumt. Nun ja, Eröffnungsbänder durchzuschneiden macht ja auch deutlich mehr Spaß als Fehler zuzugeben. Nur wenn es dick kommt, fehlt den meisten die Courage, sich hinzustellen und zu sagen: Jawoll, wir haben vergeigt! Es gibt Gesellschafter und Aufsichtsräte, politische Entscheidungsträger und Kontrollinstanzen, aber niemand mag die Frage nach der Verantwortung mehr hören. Gerne (und nicht ganz zu Unrecht) wird auch auf jene verwiesen, die ihre Aufträge nicht sauber abgearbeitet haben. Die waren es aber auch nicht. Zum Glück gibt es noch den deutschen Steuerzahler. Vielleicht war der es ja. Der ist es übrigens immer. Er steht auch dann noch gerade, wenn sich alle anderen schon weggeduckt haben. 2012 haben sich nämlich nicht nur Flughafen-Bauer aus der Verantwortung gestohlen. Zwar geht es nicht immer gleich um Milliarden. Und Geld ist nicht alles. Wie nennt man das, wenn ein Präsident sich aus dem Staub macht? Gibt es dafür einen Begriff? Sich verköhlern oder verwulffen? Horst Köhler, der 2010 den Rücktritt aus dem höchsten Amt im Staat erklärte, folgte 2012 – aus anderen Motiven – Christian Wulff. Mit diesem Doppelschlag entwerteten die beiden Männer jenes Amt, das wie kein anderes für die Werte unserer Gesellschaft steht. Werte wie Pflicht, Verantwortungsbewusstsein, Aufrichtigkeit. Materiell betrachtet muss der Steuerzahler “nur” den millionenschweren Ehrensold tragen. Die Entwertung der moralischen Werte gab es kostenfrei dazu. Die Liste der Verantwortungsflucht ist kein deutsches Phänomen, es ist eine weltweite Krankheit. Erinnert sei an Francesco Schettino, den Kapitän der “Costa Concordia”, die vor der italienischen Insel Giglio sank. Menschen rannten verwirrt umher auf dem sinkenden Schiff, doch einer fehlte. Kapitän Schettino war “versehentlich” in ein Rettungsboot gefallen, in dem er sich bester Gesundheit erfreute, während gleichzeitig 32 Menschen ihr Leben ließen. Doch zurück nach Deutschland und ins Jahr 2013. Der Steuerzahler darf wählen! Damit er das Kreuz an die richtige Stelle setzt, tröpfeln die ersten Wahlversprechen ein. Worthülsen-Wolken ziehen auf, und es dauert nicht mehr lange, dann wird es Wahlgeschenke hageln. Sollte es so kommen: Verantwortungsvoll ist auch das nicht.Doch was wäre ein Rückblick ohne Lichtblick? Es gab sehr viele schöne Momente und es ist sogar damit zu rechnen, dass aus dem Flughafenfluch doch noch ein Wirtschaftswunder wird. Waten wir’s ab – 2013 wird ein spannendes Jahr.

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