FT: Der selbstgefällige Mahner

Flensburg (ots) – Zu Günter Grass’ umstrittenem Gedicht

“Was gesagt werden muss” titelt Günter Grass seinen Text, den er als Gedicht verstanden wissen will. Das doch eigentlich sehr prosaische Stück löst keine Debatte über moderne Lyrik aus, sondern über die Gesinnung ihres Verfassers. Grass versteht einiges von Marketing, spielt souverän die Klaviatur der Eigen-PR. Auf dass alle Welt höre, was der Dichter des Nordens an zorngefärbten Mahnungen und apokalyptischen Visionen zu verkünden hat. Wer die knappen Zeilen des Polit-Poeten liest,den beschleicht schon angesichts der anmaßend dröhnenden Tonlage ein gewisses Unbehagen. Grass’ harsche Kritik an der israelischen Politik, die Furcht vor einem Krieg des Judenstaates gegen den Iran und die angebliche Angst des Deutschen, sich mit seiner mutigen Klarsicht “das Verdikt Antisemitismus” einzuhandeln, trägt der Pfeifenraucher in einer schwer zu ertragenden Melange aus Sündenstolz und Selbstgerechtigkeit vor. Als Kunstwerk sind die brüchigen Verse des selbsternannten Weltenrichters kaum der Rede wert. Als Beitrag zur bedrohlichen Situation im Nahen Osten sind sie erschreckend undifferenziert. Von Michael Stitz

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