DWSV-Vorsitzender Dr. Michael Fraas gegen ICE-Werk im Güterverkehrszentrum bayernhafen Nürnberg

Der DWSV-Vorsitzende spricht sich entschieden gegen den Vorschlag aus, das neue ICE-Werk im Raum Nürnberg im trimodalen Güterverkehrszentrum (GVZ) bayernhafen Nürnberg anzusiedeln.

„Das GVZ bayernhafen Nürnberg, das als Logistik- und Industriestandort äußerst attraktiv und für die gesamte Metropolregion Nürnberg von großer Bedeutung ist, platzt heute schon aus allen Nähten. Wer ein ICE-Werk dort propagiert, soll sagen, wie ein solches Werk mit einem Flächenbedarf von 30-40 ha hineinpassen soll?“, so Dr. Fraas. Er fragt weiter: „Will man allen Ernstes Unternehmen, die in den letzten Jahren aus diversen Teilen des Stadtgebiets gezielt in das GVZ verlagert wurden – was zu einer Reduzierung der LKW- Querverkehre und damit zu einer Reduzierung der Schadstoff-Emissionen geführt hat – nun wieder absiedeln?“

Aus dem, was viele Menschen umgangssprachlich noch als „Hafen“ oder „Staatshafen“ bezeichnen, ist längst ein trimodales Güterverkehrszentrum mit Wasserstraße, Schiene und Autobahnanbindung geworden. Es steht für eine effiziente Verknüpfung von Binnenschiff, Bahn und LKW. Das GVZ bayernhafen Nürnberg gehört zu Europas wichtigsten GVZs und ist das größte GVZ in Süddeutschland. In den mehr als 200 im GVZ bayernhafen Nürnberg ansässigen Unternehmen gibt es knapp 7.000 Arbeitsplätze. Unter den deutschen GVZs hat es den höchsten Schienen-Anteil am Güterumschlag und zwar dank eines hochmodernen Container-Terminals für den Kombinierten Verkehr (KV) Bahn – Schiene. Das KV-Terminal wird sin Kürze erweitert.

Im europäischen Ranking der GVZs nimmt das GVZ bayernhafen Nürnberg den 3. Platz ein – so das GVZ Ranking 2020: https://www.gvz-org.de/de/leis- tungen/gvz-ranking-2020

Nicht nur wegen des hohen Bahn-Anteils am Güterumschlag, sondern auch wegen der zielgerichteten Konzentration von Logistikunternehmen auf sei- nem Areal hat das GVZ bayernhafen Nürnberg zu messbaren Vorteilen für die Umwelt geführt: In den letzten Jahren wurden Logistikunternehmen aus diversen Teilen des Stadtgebiets in das GVZ verlagert. Hierdurch wurde das Stadtgebiet von Querverkehren zwischen den Logistikunternehmen entlastet, und dadurch den Schadstoff-Ausstoß reduziert. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Stickstoffdioxid-Belastung in Nürnberg im Vergleich zu anderen Städten moderat ist – nachzulesen im Bericht „Diesel-Urteil und Luftreinhalteplan Nürn- berg“ der Stadtverwaltung in der Stadtratssitzung vom 14.03.2018 https://on- line-service2.nuernberg.de/buergerinfo/si0056.asp?__ksinr=14703&tosel- ect=77600

Auch in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans aus dem Jahr 2017 werden die positiven Effekte der Konzentration der Logistikunternehmen im GVZ und der hohe Bahn-Anteil am Güterumschlag hervorgehoben https://micro- services.nuernberg.de/tracking/NPObL (dort auf S. 86 und 123).

Das GVZ hat eine wichtige Funktion für die international stark vernetzte und exportstarke Wirtschaft der Europäischen Metropolregion Nürnberg (Exportquote: über 50%), dank sehr guter Verkehrsanbindung (Wasserstraße, Schiene, Straße / Autobahn) und strategischen Lage im Schnittpunkt der Transeuropäischen Netze (TEN).

Das GVZ ist ein zentraler Distributionsstandort in Süddeutschland (27 Mio. Menschen im Radius von 200 km). Das KV-Terminal verbindet die Europäische Metropolregion Nürnberg über die Schiene mit den wichtigsten Seehäfen (Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam, Amsterdam) sowie mit Standorten in Norditalien (Verona, Triest) und nach China (direkte Güterzugverbindung nach Chengdu – damit liegt Nürnberg an der „Neuen Seidenstraße“).

Das GVZ bayernhafen Nürnberg ist auch von besonderer Bedeutung für Nürnberg als – im Großstadtvergleich immer noch starken – Industriestandort. Die hier hergestellten Produkte werden über das GVZ in die ganze Welt transportiert, Rohstoffe und Vorprodukte kommen über das GVZ in unsere Region. Dr. Fraas: „Ein Industriestandort braucht leistungsstarke und moderne Logistik.“

Auch im GVZ findet Industrie statt. Industrie- und Logistikfunktionen verschmelzen ineinander. So werden im Zuge einer immer stärkeren Arbeitsteilung und Spezialisierung Montage- und Produktionsschritte in die Logistikkette verlagert (Stichwort: Kontraktlogistik).

Dr. Fraas hebt die wichtige Funktion des Main-Donau-Kanals für Nürnberg her- vor: „Zum Beispiel werden die mehrere hundert Tonnen schweren Hochleistungstransformatoren aus dem Nürnberger Siemens-Trafowerk über das Schwergutverladesystem im GVZ bayernhafen Nürnberg auf Binnenschiffe verladen und über die Rhein-Main-Donau-Wasserstraße zu den Hochseehäfen Antwerpen und Rotterdam transportiert. Auf der Straße oder Schiene wäre das gar nicht möglich.“

Daher setzt der DWSV auch in Zukunft auf die Wasserstraße als Verkehrsträger. Perspektiven ergeben sich nicht nur bei schweren Industriegütern, sondern auch bei allen Gütern, die nicht „just in time“ am Ziel sein müssen. Auch beim Transport von Recyling-Abfällen oder sog. grünen Wasserstoffs mittels energietragender Flüssigkeiten ergeben sich neue Perspektiven. „Ein Binnenschiff kann etwa 120 LKWs ersetzen. Daher gilt es, die vorhandenen Wasserstraßen wieder besser zu nutzen!“

Dr. Fraas meint abschließend zu der Diskussion um das ICE-Werk: „Das ICE- Werk ist für wichtig für die Verkehrswende, aber auch für unsere Region als Eisenbahn- und Industriestandort. Es darf aber nicht eine andere für unseren Wirtschaftsstandort wichtige und erfolgreiche Infrastruktur wie das GVZ verdrängen“.

DWSV Deutscher Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein e.V. –
Partner für leistungsfähige Wasserstraßen und nachhaltiges Wirtschaften

Der Deutsche Wasserstraßen und Schifffahrtsverein ist zentrale Netzwerkplattform und Stimme für leistungsfähige Wasserstraßen. Ziel des DWSV ist der Aus- bau und Erhalt der Wasserstraßeninfrastruktur mit regionalem Fokus auf der Main-Donau-Wasserstraße als einer der wichtigsten Binnenwasserstraßen Europas. Bei der Realisierung der Ziele werden wirtschaftliche Aspekte ebenso wie der Faktor Nachhaltigkeit berücksichtigt.

Das DWSV-Netzwerk umfasst Mitglieder aus den Bereichen Binnen- und Personenschifffahrt, Flusskreuzfahrten, Logistik- und Industrieunternehmen, Kommunen, Infrastrukturbetreibern, Institutionen und Verbänden. Der DWSV informiert die Öffentlichkeit über die Entwicklung der Main-Donau-Wasserstraße, ihren ökonomischen und ökologischen Nutzen sowie die Notwendigkeit ihrer Instandhaltung bzw. des weiteren Infrastrukturausbaus.

Dadurch soll die Akzeptanz leistungsfähiger Wasserstraßen als Verkehrsträger für Binnen- und Personenschifffahrt sowie das Bewusstsein für den Gewässer- und Hochwasserschutz in der Öffentlichkeit verbessert werden. Auch der Freizeit- und Erholungsfunktion kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. 

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