DER STANDARD-KOMMENTAR "Haiders Wünsche befriedigt" von Gerald John

Ausgabe vom 1.8.2012

Wien (ots) – Hat Wolfgang Schüssel von den skandalösen Umtrieben zu seiner Regierungszeit gewusst? Aktives ÖVP-Personal quittiert diese Frage meist mit Entrüstung. Kein Wunder: Die meisten waren überzeugte Mitstreiter von Schwarz-Blau – stolz, das rote Joch abgeworfen zu haben. Wer nun am Denkmal des ersten VP-Kanzlers seit 30 Jahren rüttelt, stellt auch das eigene Selbstbild infrage.

Widerspruch melden nur jene an, die sich nicht mit Schwarz-Blau identifizier(t)en. Schüssel habe nichts gewusst, wohl aber “weggeschaut”, sagte Parteiveteran Erhard Busek einmal im Standard. Der frühere Kärntner VP-Chef Georg Wurmitzer spricht nun von einer höchst aktiven Form der Duldung: Weil er nicht Gehilfe für Haiders Deals sein wollte, habe ihn Schüssel 2004 abgesägt.

Der Kontext macht den Vorwurf plausibel. Haiderx{2588}sche Wünsche zu befriedigen war ein zentrales Anliegen der ÖVP, um ungestört regieren zu können. Überdies besitzt der Zeuge Reputation. Trotz mancher Arrangements hat sich Wurmitzer von Haider nie völlig einwickeln lassen.

Allerdings ist auch ein anderer Grund denkbar: Bei der Kärnten-Wahl 2004 hatte die ÖVP fast die Hälfte der Stimmen verspielt. Dass aber ein Bundesobmann einen Landeschef, wie vorgeschickte Verteidiger nun behaupten, gar nicht in die Knie zwingen konnte, ist angesichts Schüssels damaliger Machtposition unglaubwürdig. Der Altkanzler sollte mehr zur Aufklärung beitragen als nur Schweigen.

Rückfragehinweis: Der Standard Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: https://www.ots.at/pressemappe/449/aom

 

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