Badische Neueste Nachrichten: Böses Erwachen

Karlsruhe (ots) – Onkel Sam verhält sich hinter dem Steuer der Staatskarosse wie ein Autofahrer im Vollrausch. Mit aufgedrehter Musik rast der Wagen unbekümmert dem Abgrund entgegen. Falls nicht jemand sehr bald auf die Bremse tritt, geht es in der Silvesternacht in den USA in voller Fahrt über die Fiskal-Klippe hinein in die Staatspleite. Dann steigen die Steuersätze in den USA für alle Amerikaner drastisch an, während pauschale Kürzungen im Bundeshaushalt der Wirtschaft 500 Milliarden Dollar entziehen. Gleichzeitig erreicht Washington die gesetzlich erlaubte Neuverschuldungsgrenze. Vermutlich muss leider genau das passieren, um Onkel Sam zur Besinnung zu bringen. Die Verhandlungen über einen Kompromiss im Haushaltsstreit lassen keinen anderen Schluss zu. Wobei nicht alle Seiten den gleichen Anteil an dem riskanten Manöver haben. Während Präsident Obama es mit Besonnenheit versuchte, traten die Tea-Party-Radikalen im Repräsentantenhaus das Gaspedal durch. Wie ein Haufen wild gewordener Teenager ignorieren sie trotzig jede Warnung vernünftigerer Mitfahrer. So wie das politische System der USA beschaffen ist, bestimmen die Draufgänger in diesem Fall das Tempo. Schon sehr bald kommt auf Onkel Sam ein böses Erwachen zu. Ohne Einigung werden die Aktienmärkte zum Jahresbeginn abstürzen. Der Dollar dürfte unter Druck geraten. Und die Konsequenzen des Crashs werden die Notfall-Sirenen auch weitab des Unfallorts aufheulen lassen. Wenn der Rausch vorüber ist, wartet auf die Tea-Party-Radikalen ein schlimmer Kater, der ihnen die Lust am Streiten schnell nehmen dürfte. Die Amerikaner haben nämlich zunehmend die Nase voll von denen, die mit ihrem rücksichtslosen Verhalten das Gemeinwohl in Gefahr bringen. Die Tragik besteht darin, dass diese Situation für die Betroffenen kein Spiel ist. Rentnern drohen massive Verluste bei ihren Alters-Ersparnissen, Arbeitslosen bricht die finanzielle Hilfe weg und Millionen von Normalverdienern drohen reale Einkommensverluste. Und das alles nur, weil einigen in Washington die “reine Lehre” wichtiger geworden ist als die Kunst des Möglichen. Präsident Obama hat mit dem Abbruch seines Jahresurlaubs das richtige Signal gesetzt. Die offene Frage bleibt, ob er die Kampfhähne stoppen kann. Vermutlich nicht. Das zynische Kalkül in Washington lautet: Die Staatskarosse muss erst über die Fiskal-Klippe rasen, bevor nach dem Absturz alle gemeinsam die Steuern senken. Bedauerlicherweise ist das heute die “Ultima Ratio” amerikanischer Politik.

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